Pamela Anderson

Am vergangenen Montag gab Pamela Anderson eine Autogrammstunde in Wien. Anfangs harmlos, entpuppte sich das Event schon bald als eine hinterlistige Falle. Zynische Gedanken über eine Tierschutz-Veranstaltung.

Ich muss gestehen, dass ich nie besonderen Bezug zu Pamela Anderson hatte. Als Kind der 90er kenne ich sie aus „Baywatch“, war aber faszinierter von David Hasselhoffs Serien-Sohn Hobie, neben dem Pamela uninteressant wirkte. Schon damals hatte ich den Eindruck, als würde die Schauspielerin nur in erotischen Rollen gecastet werden, die die Frauenbewegung allesamt um mehrere Jahre zurücksetzten. Dieser Verdacht sollte sich in den kommenden Jahren durch diverse Projekte bestätigen: In der animierten Show „Stripperella“ gibt Pamela eine Stripperin, die nebenbei Verbrechen löst. Die Reality-Show „Pam: Girl on the Loose“ besteht großteils aus Super-8-Aufnahmen davon, wie Pamela ein Bad nimmt. Und in der Sitcom „Stacked“ spielt sie eine sexy Buchhändlerin - wir müssen übrigens allein den Titel schon superwitzig finden, weil „stacked“ nicht nur „gestapelt“, sondern auch „vollbusig“ heißt. Bruhaha.

Als mich mein guter Freund Alex also fragte, ob ich nicht am Montag mit ihm zu Pamelas Autogrammstunde im Media Markt in der Lugner City - einer Wiener Shoppingmall - gehen wollte, zeigte ich mich skeptisch. „Komm schon, was hast du denn sonst vor?“, fragte er, als ich protestierte. Touché! Tatsächlich hatte ich in den letzten Tagen nur mein Bett verlassen, um Essenbestellungen entgegenzunehmen. Ich beschloss also, dass es mir nicht schaden konnte, das Haus zu verlassen und willigte ein, Alex zu begleiten. Vielleicht würde ich danach ja endlich verstehen, was den Reiz von Pamela Anderson ausmachte.

„Erklär mir bitte noch mal, warum Pamela in Wien ist.“, bat ich Alex, als wir uns am Weg zur Autogrammstunde befanden. „Sie gibt zuerst Autogramme und geht dann veganes Sushi essen!“, erklärte mir mein Begleiter. „Ja klar, aber warum das alles? Hat sie denn einen Film zu promoten? Oder kommt sie nur nach Wien, um Sushi zu essen?“. Ich  meine, ich selbst habe in einer meiner dunkelsten Nächte eine einstündige Autofahrt in Kauf genommen, weil ich zu McDrive wollte, aber das war eine völlig andere Geschichte.
„Nein,“ sagte Alex, „sie hat keinen Film zu promoten, sie gibt nur Autogramme.“
Eigentlich überraschte mich das nicht - meine Google-Suche hatte ergeben, dass Pamela in den letzten Jahren weniger mit dem Schauspielern und mehr mit Charity-Arbeit, zum Beispiel für PETA, beschäftigt war. Seit „Baywatch“ habe sie aufgrund ihrer Brüste viel Aufmerksamkeit erhalten und wolle diese lieber für einen guten Zweck nutzen. Ich war positiv überrascht.

Sobald wir in der Warteschlange standen, dauerte es nicht lange, bis Reporter diverser TV-Sender kamen um die wartenden Leute zum Event zu interviewen. Sofort fiel mir auf, dass auf die Frage „Wer hier ist Pamela-Fan?“ fast niemand antwortete. „Warum sind Sie dann hier?“ wurde großteils mit „Ja, hat man ja nicht aller Tage!“ und die provokante Frage „Was finden Sie denn an Pamela so toll?“ mit „Die Möpse.“ beantwortet.
Der wartenden Menge wurde dann gesagt, dass Pamela keine mitgebrachten Gegenstände, sondern nur ihre eigenen PETA-Autogrammkarten mit der Aufschrift „Hab ein Herz - werde Vegetarier“ unterschreiben würde. Fast im selben Moment merkte ich, dass beim Ausgang Werber der Tierschutzgesellschaft „Vier Pfoten“ standen. Langsam dämmerte mir, wo ich hier hineingeraten war. In einem unauffälligen Moment schob ich mir einen Kaugummi in den Mund, damit niemand riechen konnte, dass ich zu Mittag Leberkäse gegessen hatte.

Ich möchte nicht, dass jemand glaubt, ich hätte etwas gegen Tierschützer oder Vegetarier einzuwenden. Ganz im Gegenteil! Ich bewundere jeden, der sich für diesen Lebensstil entscheidet und ihm tatsächlich treu bleibt. Ich selbst habe vereinzelt mehrere Monate vegetarisch gelebt (Schwierigkeiten gab es vor allem mit meiner Oma, die bei dem Wort „vegetarisch“ die Stirn runzelte, als hätte ich den Namen des Herrn missbraucht. Ich führte ein langes Gespräch mit ihr, welches schließlich damit endete, dass ich ein Wiener Schnitzel essen musste, um sie wieder zu besänftigen). Allerdings irritierte es mich, dass ich hier - ohne es zu wissen - in eine Veggie-Falle getappt war, aus der es nun kein Entkommen mehr gab.

Zu behaupten, dass die Autogrammstunde ein wenig gehetzt war, wäre eine Untertreibung. Ein Fan nach dem anderen wurde unsanft in Pamelas Richtung geschubst, wo diese ihn mit einem Autogramm belohnte, bevor er vom Security wieder weggezogen und zum Ausgang (sprich: zur Tierschutzgesellschaft) geleitet wurde. Zeit für mehr als ein „Hi!“ blieb nicht.
Es dauerte nicht lange, bis auch ich an der Reihe war; flott (und, zugegeben, ein wenig nervös. Hat man ja wirklich nicht aller Tage!) eilte ich zum Autogrammtisch. Sofort musste ich feststellen, dass Pamela auch aus näherer Betrachtung sehr jugendlich und vor allem schön aussah. Von den Brüsten mal ganz abgesehen (jene wirkten in ihrer weiten Bluse eher unscheinbar), überraschte sie mit ihrer Ausstrahlung und ihrem bezaubernden Lächeln. Schnell kritzelte Pam ihren Namen auf die PETA-Karte und reichte sie mir so hektisch, dass sie zu Boden fiel. Sie funkelte mich an. „Oh no! I‘m so sorry!“, entschuldige sie sich zuckersüß, woraufhin ich mit einem cool gehauchten „No problem!“ entgegnete. Best Friends Forever!

Habe ich im Endeffekt gelernt, was den Reiz von Pamela Anderson ausmacht? Sind es wirklich mehr als nur „die Möpse“? Zum Teil! Ich finde es beeindruckend, dass Frau Anderson ihren Ruhm für gute Zwecke einsetzt, fühlte mich an jenem Tag allerdings ein wenig zwangsbeglückt - so, wie wenn man auf eine harmlose Tupperware-Party eingeladen wird, wo einem im Endeffekt mehrere „Döschen für Cherrytomaten und anderes Mini-Gemüse“, die man gar nicht haben will, angedreht werden. Ich hatte mir ja eigentlich eine Autogrammstunde und keine Tierschutz-Veranstaltung erwartet.
Manchmal, wenn ich nun Fleisch esse, muss ich an jenen Montag denken und bekomme ein schlechtes Gewissen. Ich ziehe dann in Betracht, wieder eine Zeit lang vegetarisch zu leben. Doch was meine Ernährung betrifft, lasse ich mir mittlerweile weder von Pamela Anderson, noch von meiner Großmutter etwas vorschreiben - I‘m so sorry!

Ich bin mir noch immer unschlüssig, was ich von Pamela und ihrem Aktivismus halten soll. Wie seht ihr das? Findet ihr diese Taktik nicht auch ein bisschen fragwürdig, oder bin ich allein mit meiner Meinung? Und: Seid ihr selbst Vegetarier?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen